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Mein Ludwig Thoma - Priener Ausstellung führt an den Dichter heran

Ludwig Thoma beschnKLDie Ausstellung der Bezirksheimatpflege von Oberbayern zum 150. Geburtstag des bayerischen Schriftstellers Ludwig Thoma, die bis 29. Oktober im Heimatmuseum von Prien zu sehen ist, will einen differenzierten Blick auf den umstrittenen Dichter ermöglichen, damit die Besucher ihren jeweils eigenen Ludwig Thoma erkennen können. In drei Räumen werden sechs Themenfelder mittels Originaldokumenten, Handnotizen, Fotos und Briefen beleuchtet; jeweils gekennzeichnet durch ein Plakat, das Thoma in symbolischer Selbstinszenierung zeigt. So präsentiert sich Thoma als Journalist kämpferisch: „… dulden ist unmöglich, lieber reiße ich alles in Fetzen.“ Als Schriftsteller strotzt er vor Selbstbewusstsein: „Ich weiß, dass ich gut bin!“ Der Katholik gesteht, „das Biblische liegt mir im Blut“. Der Weiberheld bekennt charmeurhaft mit einem reizenden Labradorwelpen im Arm: „Ich bin ein behaglicher Junggeselle“. Den Mythos untermauert er mit „Ein Bayerndichter bin ich schon“. Und schließlich kommt der Heimatsuchende „melancholisch“ daher. Und in der Tat – die Facetten Ludwig Thomas sind äußert widersprüchlich. So schreibt er für den „Simplicissimus“, einer Publikation zur Förderung der Kultur, der Demokratie, der Völkerverständigung und dem Kulturaustausch, für die auch der spätere Bundespräsident Theodor Heuss redaktionell tätig wird. Neben Thoma fungiert Hermann Hesse als Herausgeber. Nach Ausbruch des 1. Weltkriegs entzweien sich deren Meinungen: Hesse wird zum Patrioten, Thoma zum Militarist. Nach der Kriegsniederlage ist Thoma enttäuscht, von der Weimarer Republik wie der Münchner Räterepublik. Er geht publizistisch gegen die vermeintlichen Gegner, seines Zeichens Juden und Sozialisten, im Miesbacher Anzeiger unter dem Synonym Peter Schlemihl vor, und das in einer Schärfe, die ihm Beleidigungsklagen einbringt. Er plädiert für eine Abschottung, indem er fragt: „Bayern soll nicht mehr befähigt sein, sein Gebiet vor Gesindel zu schützen, das die Berliner Behörde in deutsche Grenzen lässt“ – womit sich eine Parallele zur aktuellen Lage aufdrängt.
Auch sein Verhältnis zu Frauen schäumt vor Widersprüchlichkeit. So sieht er ihre Rolle vornehmlich Zuhause, dennoch verliebt er sich in eine exotische Tänzerin, die alles andere als konservativ auftritt. Sie umschreibt er überaus poetisch als „Naturkind, die ihm wie im Märchen erscheint“. In seinen Artikeln tituliert er die emanzipierte Damenwelt allerdings eher als „Schlampen“. Trotz seiner antisemitischen Hetzartikel entbrennt er voll Liebe zu der Halbjüdin Maidi Liebermann und geht eine intensive Liebschaft mit ihr ein – sie, die verheiratet ist, wird später den Großteil seiner Urheberrechte erben. Die Geschichte der Heiligen Nacht verbindet er mit Sehnsucht und Schmerz, damit „wird sein Herz aufgebrochen“. Als Heimatsuchender, der „die Heimat, die er liebt und die ihn nicht drückt“, vermeint man seinen Schmerz des Entwurzelten zu spüren.
Die Sammlung Ludwig Thomas ist keine leichte Ausstellung, die man kurzweilig durchschlendert. Man muss sich auf sie einlassen, sich mit ihr beschäftigen. Dann ist es möglich, dass ein Bild entsteht. Eines, das aufzeigt, wie die Zerrissenheit des Dichters aus einer frühen Verletztheit resultiert. Einer, die das Herz und die Gefühle verschließen und nurmehr Wut und Hass herausbrechen lässt, sobald der Schriftsteller enttäuscht ist. Aber es eröffnet sich auch ein Mensch, der voller Liebe und Herzlichkeit ist, sollte es jemandem gelingen, zu ihm durchzudringen … Eine Analyse, sein ambivalentes Verhalten zu verstehen und seine Persönlichkeit zu deuten. Mein Ludwig Thoma eben.
Die Ausstellung ist bis 29. Oktober, Dienstag bis Sonntag, 14 bis 17 Uhr zu sehen.
Foto: Wagner - Büste des Schriftstellers vor dem ehemaligen Hotel Kampenwand und heutigen Ludwig-Thoma-Haus in der Priener Seestraße

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