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Wie die Seele das Herz krankt macht, Dipl.-Psychologe Jürjen Dijkstra

12. September 2013 - 11:37 Uhr
Beitragsserie in der Chiemgau Zeitung zur Zweiten Priener Gesundheitswoche

Im Sprachgebrauch ist es längst bekannt – das gebrochene Herz nach einem großen Schmerz, wenn sich jemand etwas „sehr zu Herzen nimmt“ oder „wenn vor Schreck das Herz stehen bleibt“. „Obwohl wir ganz selbstverständlich darüber sprechen, wollen wir es nicht wahrhaben“, erklärte Jürjen Dijkstra, Leitender Diplom-Psychologe in der Simssee Klinik Bad Endorf. Aber die wechselseitigen Auswirkungen von Herz und Psyche seien längst wissenschaftlich erwiesen. So kenne man beispielsweise das Broken-Heart-Syndrom, das nach Trauer auftrete. Angst und Depression seien

Leitfaktoren für Herzkrankheiten ebenso wie eine fehlende soziale Unterstützung und Stress. Sie beeinflussten das Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden in gleichem Maße wie Bewegungsmangel, Rauchen und Übergewicht. Psychische Belastungen im Job oder in der Familie setzten unheilvolle Prozesse im Körper in Gang, die das Herz krank machten. Depressionen beispielsweise könnten Blutgefäße entzünden. In Deutschland werde nur die Hälfte aller Depressiven behandelt, und diese im Schnitt erst nach drei bis fünf Jahren. Eine Depression sei eine schwere Erkrankung, die die meisten Toten aufweise. Oft werde sie nicht als solche erkannt oder von den Betroffenen die Empfehlung, einen Psychologen zu konsultieren, empört zurückgewiesen. Eine Depression bedeute nicht, traurig zu sein, sondern eine Gefühlsstarre zu empfinden, die unfähig mache, zu trauern, sich zu freuen oder sich zu etwas zu entschließen. Ebenso wie eine Depression das Herz krank machen könne, erlitten 65 Prozent der Herzpatienten eine Depression als Folgeerkrankung. Sie stelle einen hohen Risikofaktor für den Re-Infarkt dar. Ebenso wie ihre Schwester, die Angst: Studien zufolge litten 25 Prozent der Männer und 27 Prozent der Frauen nach einer Herz-Kreislauf-Erkrankung daran. Angst führe zu Herzrasen, einem Anstieg des Blutzuckers und des -drucks, ebenso wie zu Problemen im Magen-Darm-Trakt. Auch die Persönlichkeit und das soziale Umfeld spielten eine enorme Rolle für Herzerkrankungen. So hätten 96 Prozent der Patienten, die einen Monat nach der Herzdiagnose verstorben seien, alleine gelebt. Auch könne man gut im Klinikalltag feststellen, dass Patienten, die am Wochenende keinen Besuch erhielten, mehr Tabletten konsumierten, da sie ihre Wahrnehmung mehr auf sich selbst konzentrierten. Auch chronischer Stress könne zu Depressionen und einer Herzerkrankung führen. Personen, die auf der Arbeit einen hohen Freiheitsgrad besäßen, seien bekanntermaßen weniger von Herzproblemen betroffen. Letztlich führten auch eingreifende Erlebnisse wie Arbeitslosigkeit oder der Tod eines nahen Angehörigen zu einer Herzerkrankung. Laut Studien hätten 37 Prozent aller Infarktpatienten drei bis sechs Wochen zuvor ein für sie belastendes Ereignis gehabt. Als Fazit schloss Jürjen Dijkstra, dass Herzpatienten nach einem Infarkt auch psychotherapeutisch begleitet werden sollten – damit das Herz in seinem Kummer nicht versteinere.

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