Blick in glanzvolle Zeiten

Die Regierungszeit des beliebten Prinzregenten Luitpold von 1886 bis 1912 war überaus erfolgreich. Er galt als diszipliniert, leutselig und zeigte große Volksnähe. Bei den jährlichen Besuchen seiner auf Schloss Wildenwart lebenden Schwester Erzherzogin Adelgunde von Modena-Este wurde er stets von den Bürgern bejubelt. Bekannt war er auch für seine Liebe zur Kunst, die er intensiv förderte und viele Künstlerfreundschaften pflegte. Er machte München zur Kunststadt, die viele Künstler anzog. Von dieser Blütezeit erzählt die aktuelle Ausstellung „Glanzvoll“ in der Galerie im Alten Rathaus. Die Epoche gilt als Zeitenwende hin zu mehr Freiheit und Selbständigkeit. Der Fokus der Ausstellung wirft zudem einen Blick auf die damalige Frauenrolle in der Kunst. Frauen konnten sich zwar ab 1903 an Universitäten einschreiben, nicht aber an den Kunstakademien. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als in der sehr teuren privaten Damenakademie oder in Malschulen bekannter Künstler zu studieren, was sich meist nur Bessergestellte leisten konnten. Auch der für seine „Farbexplosionen“ bekannte Julius Exter verdiente sich so etwas hinzu. Mit seiner in München gegründeten Malschule zog er später an den Chiemsee. Dort abseits der streng regulierten Akademien konnten sich die Künstler freizügiger betätigen, beispielsweise mit Freilicht- oder Aktmalerei, für das man auch ins Freie zog. Dass den angehenden Künstlerinnen dennoch die Anerkennung fehlte, lässt sich an Folgendem erkennen: So liest man in der ausgestellten Chronik von Frauenwörth, dass die Insulaner die Malschülerinnen von Theodor Hummel als „Hummeln“ bezeichneten. Auch die männlichen Künstler zollten wenig Respekt, indem sie sie als „Malweiber“ betitelten. Die Künstlerzeitschrift Simplicissimus schrieb, wie die Kuratorin Ute Gladigau schmunzelnd zitierte: „Die meisten von ihnen wollen heiraten und die anderen sind auch nicht talentiert.“ Wie im Exter-Haus entstanden auch in der Villa Aiterbach sowie im Schloss Hartmannsberg Künstler-Hochburgen, in denen sich das gesellschaftliche Leben abspielte. Viele der Gemälde der Ausstellung zeugen von den Festen und Feiern. Auch Leo Putz lebte einige Zeit im Schloss Hartmannsberg und kreierte impressionistisch angehauchte Kahnbilder und Akte badender Frauen. 1886 öffnete Prinzregent Luitpold nach dem Tod König Ludwigs II. das Schloss Herrenchiemsee, was eine Sensation war. Die Eisenbahn, die Chiemsee-Schifffahrt und später die Chiemsee-Bahn machten den Besuch problemlos möglich – was viele Besucher anlockte. Die zahlreichen Gäste bescherten den ansässigen Künstlern durch Verkäufe oder Auftragsarbeiten gute Einkommen, wodurch sie sich stattliche Villen leisten konnten.

Auch wenn jedes Ausstellungsbild ein Schmuckstück ist, so seien doch einige hervorgehoben: Der beinahe magisch strahlende „Stachus bei Nacht“ von Franz Guillery (Titelfoto), das die Kuratorin Inge Fricke als historisches Zeitdokument für die damalige Industrialisierung und Elektrifizierung bezeichnete, sowie die übergroßen Gemälde von Leo Putz, die in ihrer Leucht- und Ausdruckskraft und intensiven Präsenz fesseln. Herzstücke der Ausstellung sind das Porträt des Prinzregenten Luitpold von Max Slevogt sowie das Bild von Franz von Roubaud, das den Prinzregenten im innigen Gespräch mit seiner Schwester zeigt. Besonders zu empfehlen sind die Kuratorinnen-Führungen, die kundig und unterhaltsam auf die Besonderheiten der Ausstellung hinweisen – äußerst kurzweilig und höchst interessant. Petra Wagner

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